Meine Karenz ist um. Was ich als Selbständige mit der SVA durchmachen musste, werde ich euch hier erzählen. Ich kritisiere nicht das System grundsätzlich, denn: die Leistungsansprüche, die selbständige Mütter seit 1. März 2017 in Anspruch nehmen können, sind sehr gut. Waren doch selbständige Frauen in Karenz jahrelang finanziell benachteiligt.
Persönlicher Erstkontakt mit der SVA – „Lesen Sie die Broschüre!“
Einer meiner ersten Wege – nachdem meine Frauenärztin uns die freudige Nachricht meiner Schwangerschaft bestätigte – war der Weg zur Sozialversicherungsanstalt Klagenfurt (SVA). Ich wollte mich so schnell wie möglich über den finanziellen Sachverhalt informieren, um mein Unternehmen darauf abzustimmen. Ich rief an, um einen Termin zu vereinbaren. Als Antwort wurde mir gesagt, dass ich doch einfach vorbeikommen soll. Ok. Mein Partner begleitete mich. Und um es kurz zu halten: Wir bekamen Broschüren, in denen „alles drinsteht“. Und noch eine www-Adresse und eine Telefonnummer. Hier könnten wir uns informieren.
Wofür gibt es Bürozeiten? Wofür opfere ich meine rare Zeit als Selbständige? Damit ich Broschüren in die Hand gedrückt bekomme? Nachdem ich seit 10 Jahren selbständig bin und all meinen finanziellen Pflichten an das Finanzamt und die SVA IMMER nachgekommen bin, habe ich kein Recht auf persönliche Auskunft? Wir haben darauf bestanden, vor Ort persönlich informiert zu werden.
Vorab: Wochen- und Kinderbetreuungsgeld sind ein komplexes Thema. Auch wenn es beim Kinderbetreuungsgeld nur 2 Möglichkeiten zur Auswahl gibt, tauchen – vor allem beim einkommensabhängigen Modell – im Hintergrund immer wieder neue Fragen auf. Und hätte ich bei diesem ganzen Prozedere nicht meinen Steuerberater zur Seite gehabt, der sich auch die Finger „wundgewählt“ hat, wäre ich vermutlich verzweifelt.
Die Reise beginnt…
1. Das Wochengeld
Bist du neben deiner Selbständigkeit auch noch alleinerziehend und hast vielleicht nichts auf der Seite? Wie soll dieses System in der Praxis funktionieren?
An meinem Beispiel:
Ich habe mich für das einkommensabhängige Modell entschieden.
Bei einer Spontangeburt (= Normalgeburt ohne Kaiserschnitt) erhält man 8 Wochen vor der Geburt Wochengeld. Pro Tag beträgt diese Summe € 53,96. Nach der Geburt erhält man ebenso 8 Wochen lang Wochengeld. Dies setzt sich zusammen aus den € 53,96 + der Wochengelderhöhung (dies betrifft Frauen, die ein hohes Einkommen hatten). Wieviel dies im Endeffekt ist, wird von der SVA berechnet. Aber mit welchem Schlüssel, wird nicht aufgezeigt.
Wochengeld wird im Nachhinein ausbezahlt
Tatsächlich wir das Wochengeld im Nachhinein ausbezahlt. Dh für den Monat Mai erhält man erst im Juni den Betrag. Und um es in meinem Fall zu konkretisieren, hier meine Zahlungseingänge der SVA für mein Wochengeld:
- Für Mai – 29.6. (!): fast 2 Monate ohne finanzielle Mittel
- Für Juni – 19.7.
- Für Juli – 31.8.
- Für August – 21.9.
Und was passiert, wenn wir Selbständigen auch nur eine Frist bezüglich Sozialversicherung verpassen? Wehe…
„Wir werden traktiert. Selbständige Mamis müssen jeden Monat aufs Neue das Wochengeld beantragen. Ansonsten gibts kein Geld.“
Mag. Dominika Kwiatkowski
Wochengeld muss jedes Monat aufs Neue beantragt werden!
Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass man 8 Wochen vor und 8 Wochen nach der Geburt Anspruch auf Wochengeld hat. Wozu soll jedes Monat aufs Neue ein Antrag eingebracht werden? Vor allem nach der Geburt hat man doch als Mami anderes zu tun, als sich um Papierkram zu kümmern. Beim Kinderbetreuungsgeld muss man doch auch nur einmal einen Antrag stellen.
Ich hatte einige Gespräche mit Mamis im Angestelltenverhältnis, die mir bestätigten, dass sie das Wochengeld nur einmalig beantragen mussten. Und warum müssen Selbständige das Wochengeld monatlich beantragen? Wo bleibt da die Fairness?
2. Das geschah bei meiner Wochengeldbeantragung!
Die Wochengeldbeantragung darf erst zu Beginn des Mutterschutzes erfolgen. Bei mir war dies der 29. April 2018. Meinen ersten Wochengeldantrag stellte ich online über die Homepage. Tatsächlich war ich etwas übereifrig und versendete diesen ein paar Tage früher. Keine Antwort. Am 11. Mai folgte eine Mail meinerseits, ob der Antrag angekommen ist. NICHTS. Einen Monat später schrieb ich wieder: „Guten Tag, ich habe hierzu noch immer keine Auskunft erhalten und auch noch immer keinen Eingang des Geldes auf meinem Konto. Bitte hier um dringende Information! Danke.“ NICHTS. Am nächsten Tag verfasste ich wieder eine Anfrage, ob mein Mail eingegangen ist. NICHTS. Dass mein Mail eingegangen ist, beweist die automatische Mailantwort:
Das Ergebnis:
Ich griff zum Hörer und wählte die Telefonnummer der SVA. Was ich dann zu hören bekam, war tatsächlich ein Highlight:
„Sie haben Ihren Wochengeldantrag zu früh abgegeben.
Was ist mit dem Antrag passiert?
Wir haben ihn gelöscht. Sie müssen nochmal beantragen.
Warum haben sie ihn gelöscht?
Weil Sie Ihn ein paar Tage zu früh abgesendet haben.
Ist es nicht Ihre Pflicht, mich zu informieren, wenn Sie meinen Antrag einfach löschen?
Stellen Sie den Antrag einfach neu.“
3. Kinderbetreuungsgeld
„Als frischgebackene Mama hast du anderes im Kopf, als deinem Geld hinterher zu rennen.“
Mag. Dominika Kwiatkowski
Kinderbetreuungsgeld ist eine Leistung aus dem Familienlastenausgleichsfonds.
Das Kinderbetreuungsgeld ist eine Familienleistung, die ausschließlich auf Antrag gewährt wird. Der Antrag kann erst nach der Geburtgemacht werden. Lt. telefonischer Auskunft kann die Bearbeitung des Geldes bis zu 4 Wochen dauern! Das Kinderbetreuungsgeld wird von der österreichischen Sozialversicherung ausbezahlt. Der Antrag muss bei dem Versicherungsträger abgegeben werden, bei dem der Antragssteller/die Antragstellerin laufend versichert ist.
Die Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes erfolgt monatlich im Nachhinein. Da es sich ja eigentlich um eine tägliche Leistung handelt, kommt es aufgrund der unterschiedlichen Länge der Kalendermonate zu unterschiedlich hohen Auszahlungsbeträgen. Die Anweisung erfolgt bis zum Zehnten des Folgemonats.
Ich habe die Mitteilung über Kinderbetreuungsgeld-Anspruch erst am 12.11. per Post erhalten. Das mir tatsächlich zustehende Kinderbetreuungsgeld (einkommensabhängiges Modell) wurde mir erst im Dezember ausbezahlt. Vorher waren es nur Teilbeträge und Nachzahlungen zu unterschiedlichen Zahlungsterminen. Auch hier musste ich mich durch einige Bundesländer durchtelefonieren, ich hatte keinen Ansprechpartner und musste jedem meine Geschichte von Beginn an erzählen, was irrsinnig mühsam war… hatte ich doch als frischgebackene Mama Wichtigeres zu tun, als meinem Geld hinterher zu telefonieren.
Weitere skurrile Nachteile
- KEINE BEFREIUNG VON PFLICHTVERSICHERUNG: Da mein Unternehmen eine OG ist, wurde ich von den Pflichtversicherungskosten nicht befreit. Einzelunternehmerinnen sind während der Karenz sehr wohl von der Pflichtversicherung befreit. Wo ist da der Unterschied?
- KEINE FÖRDERUNG FÜR KURSE: Es gibt einen Bildungsgutschein über 100,- von der Arbeiterkammer. Viele Kursanbieter wie z.B. die Volkshochschule kooperieren hier. So kann man etwaige „Mama-Kurse“ wie den Rückbildungskurs oder „FitdankBaby“-Kurs um 120,- besuchen und bekommt 100,- von der Arbeiterkammer retour. Dies gilt aber ausschließlich für Angestellte. Kurse für selbständige Mamas werden nicht mit Bildungsschecks gefördert!
- KEINE HEBAMMEN-KOSTENRÜCKERSTATTUNG: Kosten Hebamme wurden nicht übernommen.
Warum mir der Bericht so wichtig ist
Ich habe lange überlegt, diesen Bericht zu veröffentlichen. Und es gibt auch nur einen Grund, warum es mir wichtig ist, über meine Erfahrungen zu schreiben:
Ich wünsche mir, das es zukünftigen selbständigen Mamis erleichtert wird, in die Babypause zu gehen. Sorgen hat man sowohl während als auch nach der Schwangerschaft zur Genüge. So sollte doch der finanzielle Hintergrund einfacher und schneller zu regeln sein. 2018 gab es 4.637* Geburten in Kärnten. Davon waren bestimmt einige selbständige Mamis dabei. Es ist ganz einfach „Gang und Gäbe“, dass Kinder geboren werden und dass man in Österreich Kinderbetreuungsgeld erhält. Müsste doch ganz simple Routine für die Sachbearbeiter der SVA sein. Und trotzdem muss ich in meinem Fall von unprofessioneller Behandlung sprechen.